Jedermannsrecht und demokratisches Design

Das Jedermannsrecht ist traditionell fest in der Freizeit und Erholung der Norweger und Skandinavier verankert, hat andererseits aber auch die Prämissen für die Entwicklung der Städte definiert. Bei Vestre ist es selbstverständlich, dass die städtischen Räume und die Stadtflächen allen gehören, und diese Denkweise findet auch international immer mehr Gehör.

Jedermannsrecht und demokratisches Design sind wichtige Grundsätze der Vestre-Philosophie. Unser Ziel besteht in der Schaffung inkludierender Arenen für das, was wir Alltagsdemokratie nennen. Arenen, wo Menschen ungeachtet von Unterschieden zusammenkommen und Gedanken, Lebenserfahrungen und Ideen austauschen können. Wenn wir einander kennenlernen, sehen wir plötzlich, dass es nicht um „uns“ und „die da“ geht, es gibt nur das „wir“. Wir bei Vestre glauben, dass die Schaffung von Treffpunkten für diesen Zweck die beste Maßnahme ist, um eine Polarisierung der Gesellschaft zu verhindern und Feindschaft sowie Konflikte zu umgehen. Genau mit derartigen demokratischen Treffpunkten möchten wir die Welt verändern – eine Nachbarschaft nach der anderen.

„Im Norden ist das Jedermannsrecht so stark verankert, dass es für uns einfach selbstverständlich ist, dass Gemeinschaftsbereiche allen gehören. Vestre ist der Meinung, dass dies auch für die städtischen Bereiche und die dortigen Treffpunkte gelten sollte“, sagt Jan Christian Vestre, Geschäftsführer von Vestre.

Gutes Design soll auch nicht nur einer kleinen Gruppe von Menschen, die über die entsprechenden Ressourcen verfügen, vorbehalten sein. Durch die Möblierung von öffentlichen Bereichen machen wir demzufolge gutes Design für jeden zugänglich.

Ablehnung von Millionenprojekten

Leider sehen wir Beispiele für städtische Entwicklung, die das Jedermannsrecht und die Demokratie herausfordern: unter anderem durch feindliche Architektur und Design. Dies bedeutet, dass man ein Design schafft, um bestimmte Verhaltensweisen zielgerecht zu steuern oder zu begrenzen. Es richtet sich oft gegen Menschen, die mehr als andere von öffentlichen Bereichen abhängig sind – zum Beispiel Obdachlose.

Wenn man in der Welt durch Großstädte reist, wird man verschiedene Beispiele für derartiges Design sehen. Es kann dann sein, dass kleine Stachel oder mehr Armlehnen als nötig an den Möbeln angebracht sind – und das Ziel dieser Maßnahmen besteht darin, die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft fernzuhalten.

Bei Vestre gehen regelmäßig Anfragen für derartige Projekte ein, und genauso regelmäßig und konsequent lehnen wir diese ab – auch wenn uns dies Millionenprojekte gekostet hat. Die Außenbereiche gehören allen, und ein derartiges Design ist einfach nicht demokratisch.

„Wenn wir eine Gesellschaft geschaffen haben, in der es Menschen gibt, die kein Dach über dem Kopf haben, müssen wir dies als ein politisches und soziales Problem behandeln. Als Produzent von Außenmöbeln ist es nicht unsere Aufgabe, Stadtmöbel aufzubauen, deren Ziel darin besteht, die Schwächsten von den Straßen fernzuhalten“, meint Jan Christian Vestre.

Menschen zusammenbringen

Vestre glaubt nicht, dass die Lösung darin besteht, Bereiche zu schaffen, die Menschen ausschließen, sondern eher im Gegenteil: Treffpunkte, wo alle Menschen zusammenkommen können, trotz aller Unterschiede. Und wir sehen, dass dies funktioniert.

„Manche sind vielleicht der Ansicht, dass es etwas naiv ist zu glauben, dass eine Bank die Welt verändern kann, aber wir haben gesehen, dass dies möglich ist – immer wieder. Dies beweist, dass alle etwas tun können. Wenn nach und nach mehr Unternehmen dieses Verständnis aufbringen, wird dies eine starke, globale Bewegung hin zu einer positiven Änderung schaffen“, erzählt Jan Christian Vestre.

Ein Beispiel ist das Projekt Southwyck House in Brixton in London. Dabei handelte es sich ursprünglich um einen Bereich, der durch soziale Probleme und Kriminalität geprägt und ein Sammelpunkt für junge Arbeitslose war. Es war eine Nachbarschaft, in der viele sich unbehaglich fühlten. Als zeitweiliges Projekt in Verbindung mit der London Design Week 2016 sollte der Bereich mit farbenfrohen Vestre-Möbeln ausgestattet werden. Viele waren dem Projekt gegenüber skeptisch, und die Polizei fürchtete, dass die Schaffung eines derartigen Aufenthaltsbereiches die Probleme und die Unruhe im betreffenden Bezirk verschlimmern würde. Die Aufgabe bestand also darin, die Vorstellung, dass die Aufstellung von Außenmöbeln antisoziales Verhalten fördern würde, herauszufordern, und zu zeigen, dass gutes Design ganz im Gegenteil das Gefühl von Sicherheit verstärken und das Wohlbefinden in der Gesellschaft fördern kann.

Nach einer Aufrüstung des Bereiches mit neuen Möbeln und Pflanzen veränderte sich dieser und wurde zu einem Treffpunkt, wo Menschen aller Altersgruppen, Passanten und Besucher von ortsansässigen Firmen Platz finden konnten. Die Sorgen der Polizei erwiesen sich als unbegründet, und es wurden im Zeitraum nach der Aufstellung keinerlei unerwünschte Ereignisse registriert. Die Nachbarschaft berichtete, dass die Einwohner nunmehr in größerem Ausmaß stolz auf ihren Wohnort waren. Später wurden die Möbel an das Projekt gespendet und stehen jetzt dort als permanente Installation. Das Projekt ist ein Beispiel dafür, wie neue soziale Bereiche und gutes Design eine Nachbarschaft und alle, die dort leben, positiv beeinflussen können.

Erfolgreicher Export von skandinavischen Werten

Bei Vestre steht das Prinzip, dass Design demokratisch und für alle zugänglich sein soll, an erster Stelle. Es steuert unsere Entscheidungen und definiert unsere Kultur sowie die Art und Weise, in der wir unserer Geschäftstätigkeit nachgehen. Die Erzählung über das Jedermannsrecht und inkludierendes Design fasst auch außerhalb Skandinaviens immer weiter Fuß, und in den letzten Jahren hatten wir einen Exportanteil von fast 65 % – wir haben Lieferungen für Projekte in mehr als 25 Ländern realisiert. Und wir wachsen weiter. Damit beweisen wir, dass wir, wenn wir etwas Gutes tun, auch unsere Geschäftsentwicklung in eine positive Richtung steuern.