Schulhöfe – Treffpunkte für alle

Eine Schule ist mehr als nur ein Gebäude mit einem Hof: Es ist eine Lernumgebung, ein Veranstaltungsort und nicht zuletzt der Rahmen für eine kleine Gemeinschaft. Kinder und Jugendliche verbringen dort viele Stunden am Tag. Als Landschaftsarchitekt:innen müssen wir dafür sorgen, dass die Umgebung zu ihrem Wohlbefinden beiträgt und ihre Lebensqualität steigert. Für viele ist der Schulhof im Alltag der einzige Ort, an dem sie Zeit im Freien verbringen. Deswegen wollen wir mit den Freiluftbereichen rund um eine Schule eine pädagogisch wertvolle Umgebung schaffen, die den Schüler:innen soziale Sicherheit und körperliche Betätigungsmöglichkeiten bietet, welche die Neugier und den Entdeckungsdrang fördern .

Text: Line Løvstad Nordbye, Landschaftsarchitektin und Geschäftsführerin von Bjørbekk & Lindheim, einem führenden Landschaftsarchitekturbüro in Oslo

Die Bedeutung einer Schule für ihre Nachbarschaft

Egal, ob in der Großstadt oder auf dem Land: In Norwegen fungieren Schulhöfe auch als Treffpunkte für die örtliche Gemeinschaft. Dort kommen verschiedene Generationen sowie Menschen mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen zusammen. Im Land ist es schon lange üblich, die Außenbereiche von Schulen rund um die Uhr und das ganze Jahr über für alle offen und zugänglich zu lassen. Deshalb suchen Landschaftsarchitekt:innen nach Lösungen, bei denen die Schule und der Rest der Nachbarschaft zusammenarbeiten und sich Flächen und Funktionen sinnvoll teilen können.

Vielerorts dienen Schulen sogar als Gemeindezentren, deren Räumlichkeiten abends und am Wochenende an Vereine und Verbände vermietet werden. Manche Schulen haben zu den Abholzeiten ein gemeinsames Abendessen, aber auch Bibliotheksdienste oder andere kulturelle Angebote. Nach dem Unterricht sind Sportplatz und Turnhalle oft ausgebucht, und der Außenbereich wird als Spielplatz, Treffpunkt und Ort für Aktivitäten genutzt.

Als Landschaftsarchitekt:innen versuchen wir stets, die Schule ans Fußwegenetz des jeweiligen Stadtviertels anzubinden – einerseits, um nachhaltigen Zugang zu Fuß zu fördern und andererseits, weil ein ständiger Personenfluss eine Gegend erfahrungsgemäß sicherer macht.

Das Potenzial des Standorts nutzen

Unserer Meinung nach weist jeder Standort einzigartige Qualitäten auf, unabhängig davon, ob eine neue Schule gebaut oder ein bestehender Komplex modernisiert werden soll. Als Landschaftsarchitekt:innen müssen wir diese Qualitäten herausarbeiten und alle Möglichkeiten ausloten, wie die besonderen Merkmale und die Identität des Standorts in das Schulumfeld integriert werden können. Dabei kann es sich um ein vorteilhaftes lokales Klima, eine besonders schöne Aussicht, bestehende Grünflächen oder Wasserspiele, eine interessante Topografie sowie viele andere attraktive Faktoren in der Umgebung handeln, die den Standort aufwerten.

Genauso gibt es bei jedem Projekt auch Herausforderungen zu lösen: Beispielsweise kann der Standort stark von Wind und Wetter gezeichnet sein, oder er ist schattig, überfüllt, laut, zu steil oder zu flach. Ein Projekt ist dann erfolgreich, wenn die architektonischen Elemente des Gebäudes und der Landschaft die Schwachstellen des Standorts ausgleichen und gleichzeitig die starken Seiten des Konzepts und der konkreten Lösungen hervortreten lassen.

Zuerst die Außenbereiche planen

Viele Schulprojekte beginnen damit, dass die notwendigen Funktionen der Schule auf dem Gelände platziert werden und die vorgesehenen Innenbereiche ihren logischen Platz zueinander finden. In dieser frühen Phase ist unser oberstes Gebot: Die besten und wertvollsten Bereiche des Geländes auf der Karte vermerken und für den Freiluftbereich der Schüler:innen reservieren! Es mag nebensächlich erscheinen, wenn ein kleines Wäldchen entfernt wird, um Platz für ein Gebäude zu schaffen. Aber es würde Jahrzehnte dauern, bis eine vergleichbare Grünfläche nachgewachsen ist, die als wertvoller Spielplatz, als einzigartiges Lernbiotop oder als natürlicher Windschutz dienen kann. Wenn wir hingegen die Gegebenheiten des Standorts ins Projekt einbeziehen, können wir kostengünstig einen attraktiven Außenbereich schaffen, an dem die Ortsgemeinschaft teilhaben und von dem sie profitieren kann.

Einteilung in Zonen

Als Landschaftsgestalter:innen arbeiten wir stets eng mit den Architekt:innen zusammen, um gemeinsam einen stimmigen Komplex aus Gebäuden und Freiluftgelände zu entwickeln. Das Schulareal wird in deutliche Zonen eingeteilt, und zwischen den Innen- und Außenbereichen soll es starke Verbindungen geben. Auf dem Gelände ist eine Ankunftszone vorgesehen, wo die Schüler:innen, das Personal sowie Besucher:innen auf einem attraktiven, autofreien Platz empfangen werden, der zum Haupteingang führt. Parkplätze und die Hol- und Bringzone sowie der Bereich für die Warenanlieferung und Müllentsorgung sind platzsparend an der Außengrenze des Schulgeländes untergebracht. So bleibt auf dem eigentlichen Schulhof mehr Platz für abwechslungsreiche Zonen, die dem kreativen Spiel, gesundheitsfördernden Aktivitäten, sozialen Interaktionen und einem anregenden Lernumfeld gewidmet sind. Außerdem sollte es Pufferzonen geben, die die verschiedenen Bereiche voneinander abgrenzen. Das ist wichtig, damit alle Funktionen nebeneinander existieren können. Gleichzeitig sind die gemeinsame Nutzung und sich überschneidende Aktivitäten der Schlüssel zu mehr Partizipation und Integration.

Ein Schulhof für alle Bedürfnisse

Eine Schule sollte ein einladender Ort für alle sein, egal, wie unterschiedlich die Kinder und Jugendlichen sind. Um ein inklusives Schulgelände zu gestalten, müssen wir einfühlsam vorgehen und die Bedürfnisse des Einzelnen, der verschiedenen Gruppen und der breiteren Gemeinschaft berücksichtigen. Im schulischen Kontext bedeutet soziale Nachhaltigkeit, dass Schüler:innen, Mitarbeiter:innen und dem lokalen Umfeld gleiche (und großartige!) Möglichkeiten geboten werden und dass sich alle sicher und zugehörig fühlen. Wird das erreicht, bildet die Schule eine gute Grundlage für Gesundheit und eine hohe Lebensqualität.

Abwechslung ist der Schlüssel dazu, dass sich jede:r wohlfühlt und seinen/ihren Platz findet. Dann wird auch die Schule von den Beteiligten als reichhaltige und integrative Gemeinschaft wahrgenommen. Die Einrichtungsgegenstände auf dem Schulhof sollten flexibel und robust sein, damit sie auf vielfältige Weise, von verschiedenen Gruppen und zu jeder Tageszeit genutzt werden.

Außenmöbel als Treffpunkte

Wir setzen Möbel als wirkungsvolles Mittel ein, um Beziehungen zu fördern, die Schüler:innen zum Spielen, Lernen und Bewegen einzuladen und nicht zuletzt, um Inklusion und Teilhabe für alle zu ermöglichen. Damit alles wie gewünscht angenommen wird, verfolgen wir bei der Planung von Treffpunkten eine Strategie und ein paar Grundregeln: Beispielsweise funktioniert eine soziale Zone am besten in der Nähe eines Eingangs, und je weiter man sich vom Schulgebäude entfernt, desto mehr Aktivität und körperliche Betätigung sind zu erwarten. Begegnungsstätten, die mit den Funktionen des Gebäudes verbunden sind, sollten Plätze zum Essen und Lernen haben und die Möglichkeit geben, in kleinen und großen Gruppen zusammenzukommen. Daneben gibt es sogenannte „gesellige Satelliten“: kleine Arrangements mit informellen Möbeln, die entweder bequem sind und zum längeren Verweilen einladen oder die Leute anziehen, weil sie sich in der Nähe von anderen spannenden Aktivitätszonen befinden.

Wo alle ihren Platz finden

Die Platzierung der Möbel zueinander wirkt sich unmittelbar darauf aus, wie sie genutzt werden. So erlebt man gleichförmige Bänke in einer Reihe anders als Möbel, die scheinbar zufällig über eine Freifläche verstreut sind. Im Außenbereich von Schulen braucht es die ganze Bandbreite des Mobiliars, damit jede:r seinen/ihren Platz findet. Die Wahl „meines Platzes“ wird von vielen Faktoren bestimmt, und sie variiert je nach Wetter, Aussicht, dem Geschehen drum herum und nicht zuletzt der persönlichen Stimmung, die bestimmt, ob man lieber beobachten oder aktiv teilnehmen möchte.

Im Außenbereich von Schulen ist Variation besonders wertvoll. Dort sollte alles Mögliche angeboten werden: ruhige Bänke im Grünen, geschützte Sitzgelegenheiten zum Plaudern und gesellige Plätze, an denen es von Menschen wimmelt.